Claudia Uhr Rechtsanwalt Nürnberg
24.07.2009

Betriebsübergang und Widerspruch

Eine nicht ordnungsgemäße Unterrichtung des Arbeitnehmers über einen beabsichtigten Betriebsübergang setzt die einmonatige Frist für einen Widerspruch des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber (§ 613a Abs. 6 Satz 1 BGB) nicht in Lauf. Das Recht zum Widerspruch kann allerdings verwirken.

Der Kläger war bei der S. AG im Geschäftsbereich „Com MD (Mobile Devices)“ als Konstrukteur beschäftigt. Diesen Geschäftsbereich verkaufte die S. AG an die B. OHG. Alle Vermögensgegenstände wurden auf die OHG übertragen. Die S. AG informierte den Kläger mit Schreiben vom 29. August 2005 über den Betriebsübergang ab 1. Oktober 2005. Am 9. August 2006 schloss der Kläger mit der Betriebserwerberin einen Aufhebungsvertrag, dem zufolge sein Arbeitsverhältnis zum 31. Oktober 2006 gegen Zahlung einer Abfindung enden sollte. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2006 widersprach er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. OHG unter Berufung auf die Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung. Am 29. September 2006 hatte die B. OHG Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Dieses wurde am 1. Januar 2007 eröffnet. Mit seiner Klage macht der Kläger den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der S. AG geltend und verlangt Weiterbeschäftigung sowie Vergütung. Er ist der Auffassung, er habe dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. OHG noch wirksam widersprechen können, weil er nicht ausreichend, insbesondere nicht zutreffend über die wirtschaftliche Situation der Betriebserwerberin unterrichtet worden sei. Die S. AG meint, ein rechtzeitiger Widerspruch liege nicht vor. Außerdem habe der Kläger sein Widerspruchsrecht verwirkt.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat auf die Revision der Beklagten die Klage abgewiesen. Da die Unterrichtung über den beabsichtigten Betriebsübergang auf die B. OHG nicht ordnungsgemäß war, wurde die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht in Gang gesetzt. Der Kläger hat sein Widerspruchsrecht jedoch verwirkt. Durch Abschluss des Aufhebungsvertrages mit der Betriebserwerberin hatte der Kläger über sein Arbeitsverhältnis disponiert. Auf diesen Umstand kann sich die S. AG berufen, wobei es nicht darauf ankommt, wann sie vom Abschluss des Aufhebungsvertrages Kenntnis erlangt hat.

 
Bundesarbeitsgericht: Urteil vom 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 17. April 2008 - 4 Sa 1063/07 –

Dem Senat lagen am selben Tag fünf weitere Verfahren (- 8 AZR 538/08 -, - 8 AZR 539/08 -, - 8 AZR 540/08 -, - 8 AZR 541/08 - und - 8 AZR 558/08 -) zur Entscheidung vor, deren Sachverhalte in Fragen des Unterrichtungsschreibens im Wesentlichen gleich gelagert waren.